Keine Aufforderung zum Nehmen des Urlaubs und kein Hinweis auf drohenden Verfall des Urlaubs - dennoch Verjährung des Urlaubsabgeltungsanspruches

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31.01.2023, – 9 AZR 456/20

Wenn der Arbeitgeber die Mitarbeitenden nicht ausdrücklich und rechtzeitig darauf hinweist, dass der Urlaub droht zu verfallen und sie zum Nehmen des Urlaubs auffordert, verfällt der Urlaub nicht und der Urlaubsanspruch verjährt auch nicht (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Dezember 2022 – 9 AZR 266/20). Aber was ist eigentlich mit dem Urlaubsabgeltungsanspruch? Verjährt dieser auch nicht, wenn der Arbeitgeber seiner Mitwirkungsobliegenheit nicht nachgekommen ist?

Ein Mitarbeiter einer Flugschule hatte von Juni 2010 bis Oktober 2015 keinen seiner ihm jährlich zustehenden 30 Urlaubstage genommen. Auf den drohenden Verfall des Urlaubs hatte der Arbeitgeber nicht hingewiesen. Mitte Oktober 2015 schied der Mitarbeiter aus dem Unternehmen als Mitarbeiter aus und erbrachte fortan selbstständige Leistungen für seinen ehemaligen Arbeitgeber. Ende September 2019 war auch diese Zusammenarbeit beendet, nachdem der ehemalige Mitarbeiter in einen Unfall bei der Flugschule verwickelt war. Er machte nun gerichtlich geltend, dass sein ehemaliger Arbeitgeber ihm Urlaubsabgeltung zahlen soll, für den ihm während der gesamten Laufzeit des Anstellungsvertrages zustehenden nicht in Anspruch genommenen Urlaub.

Zu Unrecht urteilte das Bundesarbeitsgericht. Ja, vorliegend hatte der Arbeitgeber nicht auf den Urlaubsverfall hingewiesen. Es ging in dem Fall aber gar nicht mehr um den Urlaubsanspruch, also nicht um den Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeit zum Zwecke der Erholung. Der Kläger war bereits seit fast vier Jahren als Mitarbeiter ausgeschieden. Es ging also nur noch um den Urlaubsabgeltungsanspruch.  

Auf diesen ist die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Verjährung des Urlaubs nicht einfach übertragbar. Es gilt keine Verjährung unter erschwerten Voraussetzungen. Vielmehr gilt: Ansprüche auf Urlaubsabgeltung verjähren in drei Jahren nach dem Schluss des Kalenderjahres, in dem Arbeitsverhältnis endet, auch wenn der Arbeitgeber seine urlaubsrechtlichen Mitwirkungspflichten zuvor nicht erfüllt hatte. Der ehemalige Mitarbeiter der Flugschule ging somit leer aus. Sein Urlaubsabgeltungsanspruch war verjährt.

Fazit: Es muss stets sauber zwischen Urlaubsanspruch (= bezahlte Freistellung von der Arbeit zum Zwecke der Erholung) und dem Urlaubsabgeltungsanspruch (= finanzieller Ausgleich für einen Urlaub, der wegen der Beendigung des Anstellungsverhältnisses nicht mehr genommen werden kann) unterschieden werden. Mit der Geltendmachung des Urlaubsabgeltungsanspruches darf man nicht zu lange warten. Man muss die gesetzliche Verjährungsfrist von drei Jahren beachten.